Augendruckmessung ist nicht jedem ein geläufiger Begriff, doch er spielt eine entscheidende Rolle für die Gesundheit unserer Augen. Dieser Parameter ist ein bedeutender Indikator für verschiedene Augenerkrankungen. Die wichtigste Augenerkrankung, die durch erhöhten Augendruck verursacht wird, ist das Glaukom. In diesem Beitrag werden die Bedeutung des Augendrucks und seine Diagnosemethoden erläutert. Wir erklären, warum es wichtig ist, den Augendruck zu überprüfen und es werden Maßnahmen zum Erhalt des Augendrucks vorgestellt.
Was ist der Augendruck?
Der Augendruck ist der Widerstand, der beim Abfluss des Kammerwassers im Trabekelwerk erzeugt wird. Das Kammerwasser wird von Ziliarzellen gebildet und zunächst in die hintere Augenkammer abgegeben. Von dort aus fließt es durch die Pupille in die Vorderkammer. Dabei wird die Linse umspült. Die Werte des Augendrucks werden in mmHg (Millimeter-Quecksilbersäule) gemessen. Die Normwerte betragen 10 bis 21 mmHg.
Das Trabekelwerk ist ein schwammartiges Gewebe und befindet sich im Kammerwinkel. Durch das Trabekelwerk verlässt das Kammerwasser die Vorderkammer und gelangt in den Schlemm-Kanal. Abschließend kommt das Kammerwasser in das Blutgefäßsystem. Das Kammerwasser wird vermehrt tagsüber produziert, nachts wird die Produktion um 40 % gesenkt (1) .
Das Kammerwasser übernimmt wichtige Aufgaben:
- Ernährung von Linse und Hornhaut
- Aufrechterhaltung der Augapfelform. Durch den Augendruck bleibt die Wölbung der Hornhaut stabil und erhält eine konstante Refraktion des Auges
- Detoxifikation des Augeninneren durch den hohen Ascorbinsäuregehalt, in dem es freie Radikale abfängt
- Dient als Lymphersatz, da es keine Lymphgefäße im Augeninneren gibt (1)
Wie wird der Augendruck gemessen?
Der Augendruck kann mithilfe zahlreicher Methoden gemessen werden. Da ein erhöhter Augendruck verschiedene Ursachen und Auswirkungen haben kann, ist eine gezielte Auswahl der Diagnosemethode entscheidend. Häufig werden Untersuchungsmethoden kombiniert, um eine genaue Diagnose stellen zu können. In der nachfolgenden Tabelle werden einige gängige Methoden zur Messung des Augendrucks dargestellt.
Methode | Beschreibung | Vorteile | Nachteile |
---|---|---|---|
Applanations-tonometrie | Messung des Augendrucks mithilfe einer Schaltlampe. | Unabhängig von Dehnungsfähigkeit der Hornhaut und Lederhaut des Auges, liefert die genauste Messung ± 1 mmHg. | |
Non-Contact-Tonometrie | Die Hornhaut des Auges wird durch einen Luftstoß abgeplattet und erzeugt dabei ein Reflexbild. | Keine Betäubung notwendig, keine Gefahr zur Keimübertragung und Verletzung des Hornhautepithels. | Geringere Genauigkeit als Applanationstonometrie. Luftstoß ist subjektiv unangenehm. Funktioniert nicht bei vernarbter Hornhautoberfläche. |
Palpation des Bulbus | Der Arzt schätzt den Augendruck durch Palpation (Abtasten) des Bulbus (Augapfels) durch das Oberlid. | Alternative Messung bei beispielsweise infektiösem Hornhautulkus oder Glaukomanfall bei schwerkranken Patienten. | Geringe Genauigkeit. |
Wie entsteht ein erhöhter Augendruck?
Der Augendruck steigt, wenn das Kammerwasser durch das Trabekelwerk nicht normal abfließen kann. Eine Störung des Abflusskanals kann durch krankhafte Veränderungen des Trabekelwerks entstehen. In diesem Fall können die Kammerwinkel verkleben oder es lagert sich hyalines Material im Trabekelwerk ab. Ist also der Kammerwasserabfluss beeinträchtigt, führt dies zu einem Anstieg des Augendrucks, wobei der Sehnerv geschädigt wird. Durch Luxation der Linse und andere Augenerkrankungen wie Uveitis kann ebenfalls der Augendruck akut ansteigen.
Der Augendruck kann je nach Person variieren. Bei einigen Menschen ist er nachts höher, bei anderen eher tagsüber. Zudem kann der Druck innerhalb eines Tages um 5 mmHg oder sogar mehr schwanken. Es gibt auch Menschen, die erhöhten Augendruck haben, ohne dass daraus eine Schädigung des Sehnervs resultiert (1) . Ob und ab welchem Wert ein erhöhter Augendruck die Augengesundheit beeinflusst, kann sich von Fall zu Fall unterscheiden.
Augendruck und Glaukom
Glaukom ist die wichtigste Erkrankung, die mit erhöhtem Augendruck in Verbindung steht. Es kann sich auf verschiedene Weisen entwickeln und grob in zwei Kategorien unterteilt werden. Primäre Glaukome haben den erhöhten Augendruck als direkte Ursache. Sekundäre Glaukome entstehen aufgrund anderer Erkrankungen. Bei über 90% der Fälle handelt es sich bei einer Glaukom-Erkrankung um das primäre Offenwinkelglaukom.
Glaukom gehört zu den häufigsten Erblindungsursachen. Im Jahr 2020 gab es schätzungsweise 76 Millionen Patienten mit Glaukom. Laut Prognosen soll die Zahl bis 2040 auf rund 112 Millionen ansteigen (3) .
Die Symptome eines Glaukoms sind häufig unscheinbar. Eine Vielzahl von Betroffenen merkt nicht, dass sie an Glaukom leiden, bis eine deutliche Einschränkung der Sehfähigkeit vorliegt. Akute Glaukomanfälle sind hingegen sehr schmerzhaft und können Sehstörungen, Übelkeit, Erbrechen und sogar Herzrhythmusstörungen verursachen.
Zur Diagnose eines Glaukoms misst der Arzt den Augendruck und typische Veränderungen an der Papille (Kopf des Sehnervs). Dabei sind eine Papillenexkavation (Vertiefung), Kerben im Nervenfasersaum und Abknicken der Gefäße am Papillenrand zu beobachten (1) .
Beschreibung unterschiedlicher Glaukomarten
Primäre Glaukome
- Offenwinkelglaukom
- Langsam fortschreitende Augenerkrankung im höheren Alter
- Entsteht durch Ablagerung von hyalinem Material im Trabekelwerk
- Verursacht Schädigung von Kapillaren der Papille, glaukomatöse Exkavation der Papille und Gesichtsfelddefekte
- Winkelblockglaukom
- Entsteht durch einen Kammerwinkelverschluss
- Akutes Winkelblockglaukom
- verursacht Abflachung der Vorderkammer und der Iris
- der Augendruck steigt innerhalb von wenigen Stunden auf 50 – 70 mmHg, es besteht Erblindungsgefahr
- Chronisches Winkelblockglaukom
- entsteht meist, wenn ein Glaukomanfall nicht rechtzeitig behandelt wird
- Dabei entstehen Verklebungen des Kammerwinkels, die zur chronischen Steigerung des Augendrucks mit Papillenschädigung und Gesichtsfeldeinschränkung führen
- Kongenitales Glaukom
- Entwicklungsstörung des Kammerwinkels, etwa im 7. bis 8. Fetalmonat
- Das embryonale Gewebe blockiert den Kammerwasserabfluss, die Irisbasis überdeckt teilweise den Bereich des Trabekelwerks und des Schlemm-Kanals
- Es entsteht ein chronisch erhöhter Augendruck, welcher eine Hornhautvergrößerung und ‑trübung und eine Vergrößerung des Augapfels verursacht. Betroffene sind Lichtscheu und leiden an Lidkrampf und vermehrten Tränenfluss
Sekundäre Glaukome
- Neovaskularisationsglaukom
- Neubildung von Gefäßen auf der Iris und im Kammerwinkel (Rubeosis iridis)
- Wird verursacht bei Ischämie der Netzhaut, Diabetes mellitus und Zentralvenenverschluss
- Dabei entsteht eine fibrovaskuläre Membran, die den Kammerwinkel auskleidet und zu einer Blockierung des Kammerwinkels führt
- Pigmentdispersionsglaukom
- Die Irisbasis hängt nach hinten durch und reibt dabei auf den Zonulafasern, dabei wird Pigment der Irisrückfläche freigesetzt
- Dies führt zur Verstopfung des Trabekelwerks und die Pigmentgranula bildet ein braunes Band, welches sichtbar wird
- Kommt häufig bei Männern mit Myopie (Kurzsichtigkeit) im jüngeren Lebensalter vor
- Traumatisches Glaukom
- Wird der Augapfel verletzt, kann eine Blutung in der Vorderkammer die Abflusswege des Kammerwassers verlegen oder der Glaskörper klemmt sich in die Pupille ein
- Es können bei einer Prellung des Augapfels Risse im Trabekelwerk entstehen. Die dabei entstandene Narben führen zum Anstieg des Augendrucks (1)
Bei allen Glaukomformen ist das Ziel der Behandlung eine Senkung des Augendrucks. Dazu werden primär Medikamente in Form von Augentropfen verabreicht. Sie sollen den Augendruck senken und die Kammerwasserproduktion hemmen. Einige Beispiele dafür sind Beta-Blocker, Alpha-2-Agonisten und Prostaglandin-Analoga. Ist die medikamentöse Therapie nicht erfolgreich, wird eine Laserbehandlung oder Operation erforderlich, um den Abfluss des Kammerwassers zu ermöglichen (1, 5) .
Welche Folgen hat ein zu hoher Augendruck?
Langfristig verursachen erhöhter Augendruck und Glaukom eine typische Exkavation der Papille. Dadurch werden Nervenfasern beschädigt, die von den Zellen der Netzhaut zum Gehirn führen. Wenn mehr als 30 % der Nervenfasern verloren gehen, treten die ersten Anzeichen eines Gesichtfeldausfalls auf.
Der Ausfall des Gesichtsfelds breitet sich punktuell aus, was durch das gesunde Auge kompensiert wird. Aus diesem Grund wird die Einschränkung der Sicht häufig nicht frühzeitig bemerkt. Viele Patienten suchen erst dann einen Arzt auf, wenn sie bereits an einem Auge durch Glaukom erblindet sind. Dieser Prozess kann im Fall eines unbehandelten primären Offenwinkelglaukoms etwa 10 bis 15 Jahre dauern (1) .
Einige Risikofaktoren, die die Erhöhung des Augendrucks begünstigen und das Risiko für ein Glaukom erhöhen, sind:
- Niedriger Blutdruck
- Kardiovaskuläre Erkrankungen
- Glaukomfälle im engen Familienkreis
- Höheres Lebensalter, über 70 Jahre
- Glaukomschaden am anderen Auge (1)
Wie kann man den Augendruck natürlich regulieren?
Das Risiko für einen erhöhten Augendruck kann durch einige Veränderungen im alltäglichen Leben gesenkt werden. Ein bedeutender Aspekt dabei ist eine ausgewogene Ernährung. Wird durch die Nahrung zu wenig Vitamin‑A zugeführt, kann dies zu Trockenheit der Bindehaut und Hornhaut des Auges führen. Dies kann in Nachtblindheit und sogar vollständigen Blindheit resultieren. Bei einer Mangelernährung ist ebenfalls häufig ein Mangel an Proteinen vorhanden. Diese haben eine wichtige Rolle im Transport von Vitaminen im Körper (1) .
Regelmäßige körperliche Aktivität und eine ausgewogene Ernährung senken das Glaukomrisiko und tragen zur Erhaltung des Sehnervs bei. Verschiedene Studien zeigen, dass sportlich aktive Personen eine bessere Augengesundheit und somit niedriges Risiko für ein Glaukom haben. Außerdem trägt sportliche Aktivität dazu bei, ein gesundes Körpergewicht zu halten. Übergewicht wirkt sich negativ auf die Durchblutung des Auges, die Funktionsfähigkeit des Trabekelwerks, die Netzhaut und den Sehnerv aus (7) .
Außerdem kann der Genuss bestimmter Substanzen die Augengesundheit beeinträchtigen. Starker Alkohol- und Zigarettenkonsum können zu einer Schädigung des Sehnervs führen. Durch den Konsum dieser Substanzen wird die Aufnahme von Vitaminen und weiteren gesundheitsfördernden Stoffen gehemmt. Häufig ist bei diesen Personen eine gleichzeitige Mangelernährung vorhanden.
Um die Augengesundheit zu erhalten, ist es empfehlenswert eine ausgewogene Ernährung anzustreben. Rauchen und Alkoholkonsum sollen idealerweise vermieden werden. Da ein Glaukom meist asymptomatisch auftritt, sind regelmäßige Augenuntersuchungen von großer Bedeutung, um schwere Sichteinschränkungen und Erblindungen zu vermeiden (8).
Zu Erhaltung der Augengesundheit sollten außerdem Augenbelastungen vermieden werden. Im Alltag, aber auch im Beruf ist es wichtig Blendungen, ermüdende Blickrichtungen und Fehlhaltungen des Kopfes zu vermeiden. Für die Arbeit am Bildschirm ist es notwendig einen entsprechenden Abstand von 40 bis 120 cm vom Bildschirm einzuhalten. Dabei soll ebenfalls die Blendung von Gegenlicht vermieden werden (1) .
Therapeutische Möglichkeiten bei erhöhtem Augendruck
Neben den medikamentösen, laser- und operativen Behandlungsmaßnahmen könnten weitere Therapien zur Senkung des erhöhten Augendrucks sinnvoll sein. In einer Studie wurde die Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln, die reich an Antioxidantien sind, auf den Augendruck überprüft. Dabei konnte in der Kontrollgruppe eine Verbesserung der Blutflussgeschwindigkeit in den Blutgefäßen hinter dem Auge gemessen werden. Darüber hinaus wurde auch der Blutflusswiderstand in bestimmten Augenarterien verringert und somit die Durchblutung verbessert. Dies weist darauf hin, dass bestimmte Nahrungsergänzungsmittel eine unterstützende Maßnahme zur Senkung des Augendrucks sein könnten (9) .
Fazit
Der Augendruck entsteht im Augeninneren und wird durch den Abfluss des Kammerwassers im Trabekelwerk beeinflusst. Bei einer Störung dieses Abflusses kann der Augendruck akut ansteigen und dabei starke Schmerzen mit Erblindungsgefahr verursachen. Auch kann der Augendruck unbemerkt über Jahre hinweg asymptomatisch hoch sein. Die obere Grenze des Normwerts von 21 mmHg wird in diesem Fall dauerhaft überschritten. Dies kann zu einem Glaukom führen. Da die Erkrankung häufig unbemerkt bleibt, suchen die Betroffenen erst dann einen Augenarzt auf, wenn der Sehnerv bereits beschädigt ist.
Die Senkung des Augendrucks erfolgt in der Regel medikamentös, in einigen Fällen aber auch durch Laserbehandlungen oder Operationen. Zusätzlich, und insbesondere vorbeugend, können eine ausgewogene Ernährung und regelmäßige körperliche Aktivität die Augengesundheit unterstützen. Des Weiteren ist es ratsam, den Konsum von Tabak und Alkohol zu minimieren und Blendungen und ungünstige Lichtverhältnisse bei längeren Bildschirmzeiten, zu vermeiden.
Quellen
- Grehn F. Augenheilkunde. 29. Auflage. Heidelberg: Springer Medizin Verlag Heidelberg; 2006. (SpringerLink Bücher).
- R+V. So erkennen Sie Grünen Star (Glaukom); 2021 [Stand: 19.03.2024]. Verfügbar unter: https://www.ruv.de/gesundheit/gruenen-star-erkennen.
- Tham Y‑C, Li X, Wong TY, Quigley HA, Aung T, Cheng C‑Y. Global prevalence of glaucoma and projections of glaucoma burden through 2040: a systematic review and meta-analysis. Ophthalmology 2014; 121(11):2081–90. doi: 10.1016/j.ophtha.2014.05.013.
- iClinic. Grünen Star (Glaukom) behandeln; 2024 [Stand: 19.03.2024]. Verfügbar unter: https://www.i‑clinic.ch/gruner-star-glaukom.
- Weinreb RN, Aung T, Medeiros FA. The pathophysiology and treatment of glaucoma: a review. JAMA 2014; 311(18):1901–11. doi: 10.1001/jama.2014.3192.
- gesundheitsinformation.de. Grüner Star (Glaukom) | Gesundheitsinformation.de; 2023 [Stand: 19.03.2024]. Verfügbar unter: https://www.gesundheitsinformation.de/gruener-star-glaukom.html.
- Tribble JR, Hui F, Jöe M, Bell K, Chrysostomou V, Crowston JG et al. Targeting Diet and Exercise for Neuroprotection and Neurorecovery in Glaucoma. Cells 2021; 10(2). doi: 10.3390/cells10020295.
- Kass MA, Heuer DK, Higginbotham EJ, Johnson CA, Keltner JL, Miller JP et al. The Ocular Hypertension Treatment Study: a randomized trial determines that topical ocular hypotensive medication delays or prevents the onset of primary open-angle glaucoma. Arch Ophthalmol 2002; 120(6):701–13; discussion 829–30. doi: 10.1001/archopht.120.6.701.
- Harris A, Gross J, Moore N, Do T, Huang A, Gama W et al. The effects of antioxidants on ocular blood flow in patients with glaucoma. Acta Ophthalmol 2018; 96(2):e237-e241. doi: 10.1111/aos.13530.