Rund 41 Millionen Deutsche tragen eine Brille – das sind gut 66 Prozent der Bevölkerung. In den letzten Jahren ist diese Zahl kontinuierlich gestiegen. Viele Menschen nutzen darüber hinaus regelmäßig oder zumindest gelegentlich Kontaktlinsen (1). Dabei wissen die meisten gar nicht, wie ihr treuer Begleiter eigentlich genau funktioniert. Aus diesem Grund wollen wir die verschiedenen Arten und Funktionen von Brillen im folgenden Artikel einmal genauer erklären.
Wie funktionieren Brillen?
Um die Funktionsweise der Brille zu verstehen, muss man zunächst einige Dinge über das Auge wissen. Das Auge besteht aus verschiedenen Schichten und Anteilen. Um scharf zu sehen, muss das Auge das einfallende Licht auf einen Punkt auf der Netzhaut bündeln. Dieser Punkt wird auch Brennpunkt genannt. Da sich Licht in verschiedenen Medien wie Luft und Wasser unterschiedlich verhält, ist für das Scharfsehen die Brechung des Lichts notwendig. Der sogenannte lichtbrechende oder dioptrische Apparat leistet diese Brechung. Er sorgt dafür, dass am Ende auf der Netzhaut ein verkleinertes und auf dem Kopf stehendes Bild entsteht. Dieses wird dann später im Gehirn weiterverarbeitet.
Der lichtbrechende Apparat besteht aus der Hornhaut ganz vorne am Auge, den Augenkammern, der Linse und dem Glaskörper (2,3). Liegt der Brennpunkt nicht genau auf der Netzhaut, kommt es zu Fehlsichtigkeiten. Bei der Myopie oder Kurzsichtigkeit liegt der Brennpunkt vor der Netzhaut, sodass man weit entfernte Objekte nur verschwommen sieht. Bei der Hypermetropie oder Weitsichtigkeit liegt der Brennpunkt hinter der Netzhaut und man sieht nur weit entfernte Gegenstände scharf. Beide Fehlsichtigkeiten werden mithilfe einer Brille korrigiert. Sie sorgt durch eine angepasste Lichtbrechung dafür, dass der Brennpunkt genau auf der Netzhaut liegt. Erst dadurch wird es möglich, scharf zu sehen (4,5).
Linsenform | Erklärung |
---|---|
Konvex | Nach außen gewölbt |
Konkav | Nach innen gewölbt |
Welche Arten von Brillen gibt es?
Je nach vorliegendem Sehfehler gibt es Brillen mit unterschiedlichen Linsenkrümmungen. Konkave Linsen oder Streuungslinsen werden zum Rand hin dicker. Sie sorgen dafür, dass die einzelnen Lichtstrahlen auseinander gelenkt werden. Somit wird der Brennpunkt nach hinten korrigiert, sodass diese Linsen für die Korrektur von Kurzsichtigkeit geeignet sind.
Bei Weitsichtigkeit werden konvexe Linsen oder Sammellinsen verwendet, welche zur Mitte hin dicker werden. Sie verschieben den Brennpunkt weiter nach vorne. Ist man entweder kurz- oder weitsichtig, wird die Brille mit Einstärkengläsern ausgestattet. Es gibt jedoch auch Menschen, bei denen sowohl eine Kurz- als auch eine Weitsichtigkeit vorliegen. In diesem Fall kommen Mehrstärkengläser zum Einsatz. Hierbei gibt es drei verschiedene Varianten.

Die Bifokalgläser haben einen oberen Anteil zum Weitsehen und einen unteren Teil zum Nahsehen. Hierbei gibt es jedoch den Nachteil, dass man Objekte, die zwischen 50 und 85cm weit entfernt liegen, nicht scharf sieht. Das liegt daran, dass sich diese in der sogenannten Zwischenentfernung befinden, welche von Bifokalgläsern nicht abgedeckt wird. Hierfür gibt es Trifokalgläser, welche alle drei Bereiche abdecken. Schließlich gibt es noch die Gleitsichtgläser, welche ein „stufenloses“ Sehen ermöglichen. Hierbei gibt es keine Trennlinien zwischen den einzelnen Bereichen und es werden ebenfalls alle drei Sehbereiche abgedeckt (4,6,7).
Spezielle Arten von Brillen
Neben den klassischen Brillen zur Korrektur der Fehlsichtigkeiten gibt es auch Brillen, die für andere Zwecke hergestellt werden. Beispielsweise nutzen viele Menschen gerne Sonnenbrillen bei gutem Wetter oder Computerbrillen. Auch bei der sogenannten Hornhautverkrümmung bedarf es spezieller Gläser, um diese zu korrigieren.
Brillen bei Hornhautverkrümmung
Bei der Hornhautverkrümmung, auch Astigmatismus genannt, werden die Lichtstrahlen nicht mehr auf einen Punkt auf der Netzhaut konzentriert. Stattdessen werden sie zu einer Linie auseinandergezogen. Das hat zur Folge, dass die Betroffenen nur noch verzerrt und verschwommen sehen.
Die häufigste Form ist der reguläre Astigmatismus, welcher mithilfe spezieller Brillengläser korrigiert wird. Der irreguläre Astigmatismus entsteht meistens durch Hornhautverletzungen. Er kann nur durch harte Kontaktlinsen oder das Einsetzen einer Kunstlinse korrigiert werden. Eingesetzt werden Zylindergläser, welche das einfallende Licht entweder horizontal oder vertikal brechen. Diese werden individuell geschliffen (5,8).
Lesebrillen
Auch Personen, die ihr Leben lang keine Brille gebraucht haben, entwickeln später im Leben fast immer eine Alterssichtigkeit. Da die Kraft der Augenmuskeln mit der Zeit abnimmt, funktioniert die Nah- und Fernakkommodation des Auges nicht mehr. Daher benötigen viele Personen nach dem 40. Lebensjahr eine Lesebrille, welche nah liegende Objekte wie Schrift vergrößert.
Weitere Entfernungen sieht man damit allerdings nicht scharf, sodass sich dieser Brillentyp nur für Aktivitäten wie Lesen oder Handarbeiten eignet (9,10).
Sonnenbrillen
Gerade im Sommer wird man schnell durch die hell strahlende Sonne geblendet. Das ist nicht nur unangenehm, sondern kann insbesondere im Straßenverkehr zu Unfällen führen. Eine Sonnenbrille mit getönten Gläsern schafft hier Abhilfe. Allerdings dient sie nicht nur einem höheren Sehkomfort, sondern verhindert auch den Kontakt der Augen mit den schädlichen UV-Strahlen.
Darüber hinaus können sogenannte polarisierte Gläser Lichtstrahlen aufnehmen, die von Oberflächen wie Wasser oder Schnee reflektiert werden. Neben der Tönung und dem UV-Filter besitzen diese Brillen eine nicht sichtbare Gitterstruktur, um die Lichtstrahlen abzufangen und eine Reflektion zu vermeiden. Das ist insbesondere für Personen, die Wassersport betreiben oder Ski fahren, vorteilhaft, jedoch profitieren auch Autofahrende davon (11).
Vorsicht bei günstigen Sonnenbrillen!
Eine gute Sonnenbrille sollte man immer beim Optiker kaufen. Nur so geht man sicher, dass sie auch wirklich das UV-Licht filtert. Günstige Varianten, wie sie oft in Urlaubsgebieten verkauft werden, haben zum Teil keinen UV-Filter.
Dadurch kann die UV-Einstrahlung auf die Netzhaut sogar zunehmen: Das Auge denkt, dass weniger Licht einfällt und stellt die Pupille weit. Dadurch fällt vermehrt Licht ein, ohne dass die potentiell schädlichen UV-Strahlen gefiltert werden.
Computerbrillen
Computerbrillen werden speziell für die Arbeit am Bildschirm hergestellt. Normale Brillen entsprechen häufig nicht den Anforderungen eines Bildschirmarbeitsplatzes, da man häufig trotz Brille zum Beispiel bei sehr kleiner Schrift die Augen zusammenkneifen oder sich näher heranbeugen muss. Dies ist nicht nur anstrengend für die Augen, sondern schädigt mit der Zeit auch den Nacken und Rücken.
Insbesondere in Kombination mit Alterssichtigkeit ist es daher sinnvoll, eine spezielle Computerbrille anzuschaffen. Diese sorgt dafür, dass man alles, was zwischen 50 und 70cm weit entfernt ist, besonders scharf sieht. Meistens können diese Brillen auf Wunsch zusätzlich mit einem Blaufilter ausgestattet werden, welcher das blaue Licht des Bildschirmes herausfiltert. Der Nutzen des Filters wurde jedoch bis dato nicht wissenschaftlich bewiesen (12,13).
Zusammenfassung
Es gibt verschiedene Brillentypen, die entweder Sehschwächen ausgleichen oder das Sehen angenehmer machen. Falls der Verdacht besteht, dass eine Sehschwäche vorliegt, ist der Augenarzt oder die Augenärztin die erste Anlaufstelle. Angepasst wird die Brille dann im Optikgeschäft.
Es ist auf keinen Fall empfehlenswert, die in Drogerien oder Supermärkten angebotenen Sehhilfen zu kaufen. Diese erscheinen auf den ersten Blick zwar kostengünstiger, richten im Zweifel allerdings auf Dauer noch mehr Schaden an (14).
Man sollte in die eigene Augengesundheit also lieber etwas mehr investieren – schließlich möchte man seine Sehkraft im Optimalfall bis ins hohe Alter behalten.
Quellen
- Zentralverband der Augenoptiker und Optometristen: Brillenstudie 2019 zva.de (abgerufen am 31.03.2023)
- Taschenatlas Physiologie. Silbernagl S, Despopoulos jr. A, Draguhn A, Hrsg. 9., vollständig überarbeitete Auflage. Stuttgart: Thieme; 2018. doi:10.1055/b‑006–149287
- Kurzlehrbuch Neuroanatomie. Schmeißer M, Schumann S, Hrsg. 2., vollständig überarbeitete Auflage. Stuttgart: Thieme; 2020. doi:10.1055/b‑004–132208
- Augenheilkunde. Lang G, Esser J, Gareis O, Lang G, Lang S, Spraul C, Wagner P, Hrsg. 6., überarbeitete Auflage. Stuttgart: Thieme; 2019. doi:10.1055/b‑006–163269
- Kurzlehrbuch Augenheilkunde. Hahn G, Hrsg. 1. Auflage. Stuttgart: Thieme; 2012. doi:10.1055/b‑002–96288
- Fachverlag Gesundheit und Medizin GmbH: Brillen – Hilfe bei Sehschwäche gesundes-auge.de. (abgerufen am 31.03.2023)
- Kuratorium Gutes Sehen: Brillen und Brillenarten sehen.de (abgerufen am 31.03.2023)
- Fielmann: Astigmatismus fielmann.de (abgerufen am 31.03.2023)
- Zentralverband der Augenoptiker und Optometristen: Was ist eine Lesebrille? innungsoptiker.de (abgerufen am 31.03.2023)
- Fielmann: Lesebrille: Lese-Spaß ist keine Frage der Armlänge! fielmann.de (abgerufen am 31.03.2023)
- Binder Optik: Worauf kommt es bei der Sonnenbrille an? binder-optik.de (abgerufen am 31.03.2023)
- Ergo online: Sehhilfen am Bildschirmarbeitsplatz ergo-online.de (abgerufen am 31.03.2023)
- American Academy of Ophthalmology: Are Blue Light-Blocking Glasses Worth It? aao.org (abgerufen am 31.03.2023)
- Gesundheitsoptik: Lesebrillen aus dem Supermarkt – was taugen sie? gesundheitsoptik.ch (abgerufen am 31.03.2023)