Rund 2 Millionen Farbtöne unterscheidet das gesunde menschliche Auge (1). Manche Menschen besitzen die Fähigkeit des Farbensehens jedoch nicht oder nur eingeschränkt. Sie leiden unter einer Farbenblindheit. Was es damit auf sich hat und was man dagegen tun kann, erfahren Sie in diesem Artikel.
Wie funktioniert das Farbensehen?
Farben werden durch die Zapfen in der Netzhaut, beziehungsweise Retina erkannt. Diese enthalten jeweils eines von drei Farbpgimenten – rot, grün und blau. Jedes davon nimmt Licht unterschiedlicher Wellenlängen auf. Rot-Zapfen nehmen vorwiegend Licht mit einer langen Wellenlänge wahr, während die Blau-Zapfen kurzwelliges Licht absorbieren.
Das für uns sichtbare Licht liegt auf einem Spektrum zwischen 400 und 750 Nanometern. Werden alle Wellenlängen miteinander gemischt, sieht das Auge die Farbe Weiß.
Das Gehirn wertet ankommende Reize von der Retina aus und berechnet die gesehenen Farben. Die Farbwahrnehmung findet also erst dort statt (2,3).
Sehzellen | Funktion | Anzahl | Lokalisation auf der Netzhaut |
---|---|---|---|
Stäbchen | Schwarz-Weiß-Sehen | 120 Mio. | Peripher |
Zapfen | Farbsehen | 6 Mio. | Zentral |
Wie entsteht Farbenblindheit?
Farbenblindheit wird meistens von den Eltern vererbt. Es können jedoch auch bestimmte Erkrankungen wie Grauer (Katarakt) und Grüner Star (Glaukom) oder einige Medikamente dazu führen. Am häufigsten sind Rot-Grün-Störungen, allerdings können grundsätzlich alle drei Zapfentypen betroffen sein.
Man unterscheidet zwischen der Farbsehschwäche und der Farbenblindheit. Bei der Farbsehschwäche wird aufgrund einer Fehlfunktion der Zapfen die betroffene Farbe zwar gesehen, erscheint allerdings weniger intensiv.
Eine Farbenblindheit sorgt dafür, dass Farben überhaupt nicht wahrgenommen werden. Die Zapfen sind dann entweder nicht vorhanden oder funktionieren nicht. Beide Typen fasst man unter dem Begriff Farbsinnstörungen zusammen. Darüber hinaus kann die Blindheit sowohl nur eine, als auch alle Farben betreffen (4,5).
Wie wird die Farbenblindheit eingeteilt?
Eingeteilt wird die Farbenblindheit in die Rotblindheit (Protanopie), Grünblindheit (Deuteranopie) und Blaublindheit (Tritanopie). Eine komplette Farbenblindheit wird Achromasie genannt, wobei alles nur in Grautönen wahrgenommen wird. Die Achromasie kommt am seltensten vor.
Die Betroffenen haben meist keine Symptome und stellen vielleicht erst später im Leben fest, dass ihr Farbensehen beeinträchtigt ist. Bestimmte Berufe können dann nicht ausgeführt werden – beispielsweise in der Modebranche oder im Flugverkehr (6).
Wie wird die Farbenblindheit festgestellt?
Um die Diagnose Farbenblindheit zu stellen, werden Farbsinnprüfungen durchgeführt. Zur Feststellung einer Rot-Grün-Farbsinnstörung werden die sogenannten Ishihara-Tafeln verwendet. Diese zeigen jeweils eine Zahl, die sich aus unterschiedlich gefärbten Farbtupfern zusammensetzt. Aus einem Abstand von 30–50 cm sollten diese innerhalb von etwa drei Sekunden benannt werden. Bei einer Farbsinnstörung werden die Zahlen nicht erkannt. Für Kinder, die noch keine Zahlen kennen, gibt diese Tafeln auch in angepasster Form mit kindgerechten Motiven. Für die Diagnose von Blau-Grün-Farbsinnstörungen gibt es andere Tafeln wie zum Beispiel die Velhagen-Stilling-Tafeln. Man kann die Tests auch einfach von zu Hause aus durchführen – zum Beispiel mit einem Online-Test auf Fabenblindheit.
Neben den Tafeln wird auch die Anomaloskopie zur Diagnosestellung herangezogen. Hierbei betrachtet der Patient ein Feld aus zwei Halbkreisen. Der untere Halbkreis besteht aus einem Gelbton mit variierender Helligkeit. Nun wird die Farbe des oberen Halbkreises so lange gemischt, bis beide Halbkreise gleich gefärbt sind. Personen mit Rotschwäche mischen mehr Rot bei, bei einer Grünschwäche wird mehr Grün beigemischt. Die Abweichung wird dann mithilfe einer Formel berechnet. Normalwerte liegen zwischen 0,7 bis 1,4, während Farbsinnstörungen zu einem Wert von bis zu 20 führen (7,8).
Wie wird die Farbenblindheit behandelt?
Für die vererbten Farbsinnstörungen gibt es derzeit leider keine Therapie. Liegt eine erworbene Erkrankung zugrunde, so kann die Behandlung zu einer Verbesserung führen. Verursachende Medikamente setzt man, sofern möglich, ab.
Auf dem Markt gibt es verschiedene Hilfsmittel wie bestimmte Brillen und Filter, welche das Farbensehen verbessern sollen. Leider gibt es keinen wissenschaftlichen Nachweis dafür, dass diese wirklich helfen (9).
Die meisten Betroffenen haben im Alltag jedoch keine Probleme und sind bis auf die Berufswahl weitestgehend uneingeschränkt. Mittlerweile gibt es außerdem Apps für das Smartphone, welche bei der Farbbestimmung helfen. Dafür macht man nur ein Foto des Objektes. Die App nennt einem dann die Farbe (10).
Fazit
Während die meisten Farbsinnstörungen angeboren sind, können sie auch als Begleiterscheinung verschiedener Erkrankungen auftreten. Eine erste Einschätzung kann man sich leicht selber verschaffen, indem man sein Farbensehen mithilfe von Farbtafeln testet. Sofern man eine Abweichung feststellt, sollte dies ärztlich abgeklärt werden. Von den derzeit verfügbaren Hilfsmitteln wie speziellen Brillen und Kontaktlinsen ist eher abzuraten. Ihre Wirksamkeit ist bis jetzt nicht bewiesen. Ist die Farbsinnstörung angeboren, können Apps im Alltag bei der Farbbestimmung helfen. Folgeschäden der Augen sind nicht zu erwarten und die Betroffenen können ein normales Leben ohne weitere Einschränkung führen.
Quellen
- Vista Augenpraxen und Kliniken: Ist mein Blau auch dein Blau? vista.ch(abgerufen am 13.04.2023)
- Mense S. Visuelles System. In: Aumüller G, Aust G, Conrad A, Engele J, Kirsch J, Maio G, Mayerhofer A, Mense S, Reißig D et al., Hrsg. Duale Reihe Anatomie. 5., korrigierte Auflage. Stuttgart: Thieme; 2020.
- American Academy of Ophthalmology: How Humans see in color .aao.org (abgerufen am 13.04.2023)
- Bundesministerium für Gesundheit: Farbenblindheit gesund.bund.de (abgerufen am 13.04.2023)
- Apotheken-Umschau: Farbenschwäche/Farbenblindheit apotheken-umschau.de (abgerufen am 13.04.2023)
- Burk A, Burk R. Farbsinnstörungen. In: Burk A, Burk R, Hrsg. Checkliste Augenheilkunde. 7., vollständig überarbeitete Auflage. Stuttgart: Thieme; 2023.
- Ackermann H, Aden K, Aurich M, Becker G, Bley C, Centgraf M, Dettenkofer M, Dörges S, Ebner W et al. Die ophthalmologische Untersuchung. In: Ackermann H, Aden K, Aurich M, Becker G, Bley C, Centgraf M, Dettenkofer M, Dörges S, Ebner W et al., Hrsg. AllEx — Alles fürs Examen. 2. überarbeitete und erweiterte Auflage. Stuttgart: Thieme; 2014.
- Öffentliches Gesundheitsportal Österreichs: Farbsehstörungen gesundheit.gv.at (abgerufen am 13.04.2023)
- Male SR, Shamanna BR, Bhardwaj R, Bhagvati C, Theagarayan B. Color vision devices for color vision deficiency patients: A systematic review and meta-analysis. Health Sci Rep. 2022 Sep 22;5(5):e842. doi: 10.1002/hsr2.842. PMID: 36189411; PMCID: PMC9498227.
- National Eye Institute: Color Blindness nei.nih.gov (abgerufen am 13.04.2023)