Um auch in der Dunkelheit gut zu sehen, nimmt das Auge einige Anpassungen vor. Da läuft weitestgehend unbemerkt ab. Verschiedene Erkrankungen führen jedoch dazu, dass dies nicht mehr richtig funktioniert. Es kommt zur sogenannten Nachtblindheit. Im folgenden Artikel wird diese Beeinträchtigung genauer erklärt.
Wie funktioniert das Sehen bei Dunkelheit?
Das Sehen bei Dunkelheit und in der Nacht wird durch die Zellen der Netzhaut ermöglicht. Ist wenig Licht vorhanden, vergrößert sich zunächst die Pupille, um mehr Licht einzulassen. Dieses fällt dann auf die Zellen der Netzhaut. Diese Zellen heißen Zapfen und Stäbchen und erfüllen unterschiedliche Aufgaben.
Während die Zapfen für das Farbensehen zuständig sind, ermöglichen die Stäbchen das Sehen bei Dämmerung. Sie sind für das Schwarz-Weiß-Sehen verantwortlich und benötigen weniger Licht als die Zapfen. Aus diesem Grund sieht man im Dunkeln fast alles nur in Schwarz-Weiß oder Grautönen (1,2).
Sehzellen | Funktion | Anzahl | Lokalisation auf der Netzhaut |
---|---|---|---|
Stäbchen | Schwarz-Weiß-Sehen | 120 Mio. | Peripher |
Zapfen | Farbsehen | 6 Mio. | Zentral |
Wie entsteht Nachtblindheit?
Die Nachtblindheit, oder auch Hemeralopie, tritt meistens als Symptom einer Erkrankung der Netzhaut auf. In einigen Fällen wird sie auch durch einen Vitamin A-Mangel oder eine Kurzsichtigkeit verursacht. Beispiele für auslösende Krankheiten sind das Glaukom, Katarakt und die Retinitis pigmentosa, welche erblich bedingt ist. Die Stäbchen bilden sich entweder zurück oder sterben ab, was die Sicht in der Dunkelheit beeinträchtigt.
Bei Katarakten entsteht eine Verengung im vorderen Bereich des Auges, sodass weniger Licht auf die Stäbchen fällt. Diese werden dann nicht ausreichend aktiviert. Ist nicht genug Vitamin A vorhanden, so wird das Pigment Rhodopsin nicht gebildet. Die für das Sehen notwendigen Prozesse finden ohne dessen Produktion nicht statt (3,4).
Welche Anzeichen können auftreten?
Die Nachtblindheit zeigt sich meistens beim Autofahren oder wenn man im Dunkeln umherläuft. So werden beispielsweise Verkehrsschilder nicht richtig gesehen oder man stolpert in der Dunkelheut über Gegenstände im Raum. Auch die Sterne können viele Betroffene nicht sehen.
Eine kurze Gewöhnungszeit bei plötzlicher Dunkelheit ist normal. Schaltet man also in einem vorher hell erleuchteten Raum das Licht aus, so dauert es einige Sekunden, bis sich das Auge an die Dunkelheit gewöhnt. Die Sicht bessert sich allerdings nach und nach und man sollte in der Lage sein, die Umrisse im Raum wahrzunehmen.
Funktioniert das nicht oder dauert es sehr lange, so ist das ein Zeichen für eine Erkrankung. Dies sollte ärztlich abgeklärt werden. Je nach vorliegender Ursache können auch andere Symptome wie verschwommene Sicht, Kopfschmerzen oder Schmerzen im Auge auftreten (5,6).
Wie wird Nachtblindheit festgestellt?
Stellt man bei sich selbst fest, dass man im Dunkeln sehr schlecht sieht oder sich dies mit der Zeit verschlechtert, sollte man das ärztlich untersuchen lassen. Neben der Schilderung der Symptome ist es wichtig, dass die Ursache herausgefunden wird. So wird die Netzhaut zunächst mit einem Ophthalmoskop auf Veränderungen überprüft. Je nachdem, was dort zu sehen ist, liefert das bereits den Grund für die Nachtblindheit.
Andere Untersuchungen werden mithilfe eines Adaptometers und eines Nyktometers durchgeführt. Das Adaptometer testet die Fähigkeit des Auges, sich an die Dunkelheit anzupassen. Das Nyktometer überprüft, ob das Dämmerungssehen gut funktioniert (6,7).
Wie wird die Nachtblindheit behandelt?
Die Therapie richtet sich nach der Ursache. Liegen ein Katarakt oder ein Glaukom vor, führt die Behandlung meist zur Besserung der Nachtblindheit. Ist ein Mangel an Vitamin A ursächlich, sollte dieses supplementiert werden. Lediglich für die genetisch bedingte Retinitis pigmentosa gibt es derzeit noch keine wirksame Behandlung (7).
Es wird allerdings derzeit an einer neuen Gentherapie mit dem Präparat Luxturna geforscht. In den USA erzielte man damit bereits vielversprechende Ergebnisse. Frühzeitig injiziert verbessert es die Nachtsicht (8). Auch an der Implantation eines elektrischen Auges, welches die Netzhaut ersetzt, wird momentan gearbeitet (9).
Fazit
Die Nachtblindheit kann besonders im Straßenverkehr, aber auch im Alltag zu Hause zu Problemen führen. Stellt man bei sich selber eine Verschlechterung der Nachtsicht fest, sollte man eine Arztperson aufsuchen. Je nach Ursache der Nachtblindheit lässt sie sich gut behandeln.
Liegt eine Retinitis pigmentosa vor, so kann diese nach jetzigem Stand noch nicht geheilt werden. Es sind jedoch einige vielversprechende Therapien in Aussicht, welche in der Zukunft auch in Deutschland Anwendung finden könnten.
Quellen
- Brandes R, Lang F, Schmidt R. Physiologie des Menschen: mit Pathophysiologie. Berlin: Springer; 2019.
- Menche N (Ed). Biologie Anatomie Physiologie. München: Urban und Fischer; 2016.
- Mehra D, Le PH. Physiology, Night Vision. [Updated 2022 Sep 26]. In: StatPearls [Internet]. Treasure Island (FL): StatPearls Publishing; 2023 Jan-. Available from: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/books/NBK545246/
- Optometrists Network: What causes night blindness? https://www.optometrists.org/general-practice-optometry/guide-to-eye-conditions/guide-to-blurry-vision-and-headaches/having-difficulty-seeing-at-night/what-causes-night-blindness/ (abgerufen am 13.04.2023)
- Medical News Today: Do I have night blindness? https://www.medicalnewstoday.com/articles/324004 (abgerufen am 13.04.2023)
- Lang G, Lang G. Dystrophische Netzhauterkrankungen. In: Lang G, Esser J, Gareis O, Lang G, Lang S, Spraul C, Wagner P, Hrsg. Augenheilkunde. 6., überarbeitete Auflage. Stuttgart: Thieme; 2019.
- Öffentliches Gesundheitsportal Österreichs: Nachtblindheit https://www.gesundheit.gv.at/krankheiten/augen/fehlsichtigkeit/nachtblindheit.html#content (abgerufen am 13.04.2023)
- American Academy of Ophthalmology: New treatments for retinitis pigmentosa https://www.aao.org/eye-health/tips-prevention/gene-therapy-new-retinitis-pigmentosa-lca-luxturna (abgerufen am 13.04.2023)
- American Academy of Ophthalmology: Retinal Implants for RP: An Update on Argus II and Others https://www.aao.org/eyenet/article/retinal-implants-for-rp (abgerufen am 13.04.2023)